Schier unendliche Liquidität, ein zunehmender Vertrauensverlust in die wichtigen Währungen und eine starke Erholung der Weltwirtschaft werden im kommenden Jahr die Entwicklungen an den Kapitalmärkten maßgeblich prägen. Anhängern von Aktien und aktienbasierten Anlagestrategien kann es nur recht sein, dürften sie – bei weiterhin hoher Volatilität – doch zu den Kapitalmarktprofiteuren 2021 gehören.

Das zurückliegende Jahr wird zweifellos als eins der bemerkenswertesten in die Börsenannalen eingehen. Am Aktienmarkt folgte dem wuchtigsten Crash aller Zeiten die schnellste Erholung der Geschichte. Der Goldpreis hat unter hohen Schwankungen historische Höchststände erreicht und selbst bei konservativen Rentenpapieren kam es zu starken Kursausschlägen. Auslöser und alles überlagernder Faktor war dabei natürlich das Corona-Virus, das seit seiner Ausbreitung von China auf den Rest der Welt das Börsengeschehen beherrscht und dessen Folgen die Entwicklung an den Kapitalmärkten auch 2021 und wahrscheinlich weit darüber hinaus in hohem Maße mitbestimmen werden.

So haben die im Frühjahr vorgenommenen Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie die weltweit tiefste Rezession der Nachkriegsgeschichte ausgelöst. Was folgte war ein beispielloser Einsatz von Rettungsmilliarden praktisch aller großen Volkswirtschaften in Form von Unterstützungskrediten, Steuersenkungen und Investitionsprogrammen bis hin zu direkten Geldleistungen. Flankiert wurde das ganze durch Liquiditätsmaßnahmen der wichtigen Zentralbanken (Zinssenkungen, Ausdehnung von Anleiheankaufprogrammen). Dabei erfolgten die Reaktionen der Regierungen und Notenbanker deutlich schneller und in sehr viel größerem Umfang als während der Weltfinanzkrise 2008/2009. Hatte die EZB die Leitzinsen im Juli 2008 sogar noch einmal angehoben, legte sie in der Corona-Krise bereits Mitte März ein 750 Mrd. Euro schweres Anleiheankaufprogramm auf, welches Anfang Juni und noch einmal Mitte Dezember um weitere 600 bzw. 500 Mrd. Euro aufgestockt wurde. Letzteres erfolgte sicherlich auch im Hinblick auf die zweite Ansteckungswelle, in der wir uns in Europa derzeit befinden. Durch sie wird die wirtschaftlich Erholung, die im Sommer und Herbst erfreulich positiv verlaufen ist, zwar gebremst und weiter in die Zukunft verschoben, gleichzeitig machen die weltweit angelaufenen Impfungen aber Hoffnung auf einen deutlichen Wachstumsschub im kommenden Jahr. 

Wachstumsausblick 2021

Nach einem erwarteten Rückgang des weltweiten Bruttoinlandsprodukts von 4,2% in den vergangenen zwölf Monaten prognostiziert etwa die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) für 2021 ein globales Wachstum von 4,2% und für 2022 von 3,7%. Absolut gesehen dürfte auf China (+8%) im gerade begonnenen Jahr über ein Drittel des gesamten Anstiegs entfallen. Der Wachstumsbeitrag der USA und des Euroraums werden mit 3,2 bzw. 3,6% geringer als ihr Anteil an der Weltwirtschaft ausfallen. Den deutschen BIP-Anstieg prognostizieren die Wirtschaftsexperten der OECD lediglich mit 2,8%, während die aktuelle ifo Konjunkturprognose hier von 4,2% ausgeht. Dabei wurde unterstellt, dass die im November eingeführten Infektionsschutzmaßnahmen unverändert bis März 2021 in Kraft bleiben werden. Die jüngsten Verschärfungen (harter Lockdown) sind in den Schätzungen des ifo Instituts somit noch nicht enthalten.

Zinserhöhungen auf ewig verschoben

Nach der scharfen Rezession 2020 sowie dem sprunghaften Anstieg der globalen Staatsverschuldung, die mit der Corona-Pandemie einhergeht, ist der Handlungsspielraum der EZB und anderer wichtiger Notenbanken auf ein Minimum zusammengeschmolzen. Während die Mehrzahl der Marktteilnehmer noch Anfang 2020 davon ausgegangen war, zumindest auf mittlere Sicht auch mal wieder positive Euro-Zinssätze zu sehen, haben sich diese Erwartungen inzwischen „auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben“. So wird gemäß der EURIBOR-Forward-Curve erst für Anfang 2029 wieder mit positiven 1-Monats-Euro-Zinssätzen unter Banken gerechnet. Kurz- bis mittelfristig sind weitere Zinssenkungen durch die Notenbanker rund um Christine Lagarde wahrscheinlicher als eine Anhebung.

Old Economy mit Nachholbedarf

Wurden die großen Indizes in den zurückliegenden Monaten in hohem Maße von den Aktien der Digitalisierungsgewinner getrieben, dürften die Hauptprofiteure der allgemeinen Wirtschaftserholung im kommenden Jahr in der Old Economy zu finden sein. Hier billigen wir insbesondere zyklischen Unternehmen aus dem Industrie- und Chemiesektor (z.B. Volkswagen, BASF, Bayer, …) erhebliches Aufholpotenzial zu. Mit Entspannung der Pandemielage (wärmere Temperaturen und voranschreitende Impfquote) werden zudem die Corona-Verlierer immer stärker in den Vordergrund rücken. Der „Hunger“ nach Freizeit- und Reiseaktivitäten wird groß sein, hierfür benötigte Gelder sind in der Mittel- und Oberschicht mehr als zur Genüge vorhanden. Gleichzeitig fallen die geglätteten adjustierten KGVs (nicht die aktuellen!) vieler Touristikunternehmen, Fluggesellschaften, Hotelketten und Vergnügungsparks relativ niedrig aus. Nicht alle von ihnen werden die aktuelle Krise jedoch  überleben.

Gleichzeitig bleiben aber auch die großen Tech-Konzerne wichtige Bestandteile ausgewogener Aktienportfolios. So haben Amazon, Apple, Alphabet, Microsoft, usw. ihre enormen finanziellen Ressourcen geschickt zum weiteren Ausbau ihrer Macht und Marktstellung genutzt. Der durch die Corona-Pandemie beschleunigte Digitalisierungsprozess wird sich fortsetzen, auch wenn der Druck der europäischen Kartellwächter auf die Marktgiganten zunimmt und diesbezüglich auch von einer Biden-Regierung stärkere Restriktionen als unter Trump zu erwarten sind. Dabei muss eine Zerschlagung für Aktionäre übrigens keineswegs die schlechteste Lösung sein, führt die Aufspaltung von Konglomeraten doch häufig zu einer Höherbewertung der einzelnen Teile.

Risiken und Nebenwirkungen

Nach den außergewöhnlichen Belastungen der vergangenen Jahre (Brexit, Handelskriege, Covid-19), haben sich die diesbezüglichen Risiken zuletzt deutlich reduziert. Natürlich wird auch Joe Biden mit Europa nicht auf Schmusekurs gehen, und unterschiedliche Interessen wie z.B. bei der Höhe der Militärausgaben, bei Nord Stream 2 oder in Zoll- und Handelsfragen werden auch über den Wechsel im Weißen Haus hinaus bestehen bleiben. Der politische Umgangston und damit auch das transatlantische Verhältnis dürften sich aber wieder deutlich verbessern. „America First“ wird unter Biden eher darauf hinauslaufen, mit Handelspartnern und Verbündeten in vernünftiger Koexistenz zu leben, als diese mit populistischen Parolen vor den Kopf zu stoßen und auf unbedingte Konfrontation zu setzen. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Europäer die zurückliegenden Jahre nicht als deutliche Aufforderung, enger zusammenzurücken, verstanden haben.

Die Britten werden nicht wieder in die EU zurückkehren und viele Punkte in der praktischen Ausgestaltung der zukünftigen Handelsbeziehungen sind noch offen. Ein Brexit ganz ohne Abkommen wäre gleichwohl viel schlimmer gewesen. Möglicherweise hatte Corona hier sogar etwas Gutes. Die Pandemie wird in jedem Fall die größte Gefahr für die globale Wirtschaftserholung bleiben. Durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen und gesetzliche Regelungen, die teils zum Jahresende auslaufen, sind weltweit viele Insolvenzen nur aufgeschoben worden. Hier wird es 2021 zu einem deutlichen Anstieg kommen, von dem die großen börsennotierten Unternehmen allerdings weniger stark betroffen sein dürften als mittlere und kleinere nicht notierte Gesellschaften. Hinsichtlich der Geschäftszahlen liefern müssen jedoch auch die Großen, denn die Erwartungen sind hoch. Dies lässt sich auch an der aktuell sehr guten Stimmung an den Kapitalmärkten ablesen.

Rückschläge in der Pandemiebekämpfung bzw. eine weitere Zuspitzung der Lage, beispielsweise aufgrund von Impfproblemen oder gefährlichen Covid-19-Mutationen, wie sie jüngst aus Südengland kamen, können schnell zu einem Stimmungsumschwung führen. Trotz des insgesamt optimistischen Ausblicks sind die Kapitalmärkte deshalb genau im Auge zu behalten, um im Zweifel schnell und konsequent reagieren zu können. Sorglosigkeit ist in diesem Zusammenhang sicherlich kein guter Begleiter. 

Wallrich Anlagestrategie 2021

Aktienengagements, seien sie direkter oder indirekter Natur in Form unserer verschiedenen Prämienstrategien, werden in der Wallrich Assetallokation auch 2021 wieder eine wichtige Rolle spielen. So dürfte die globale wirtschaftliche Erholung bei vielen Unternehmen zu deutlich verbesserten Geschäftszahlen führen. Hier gilt es Chancen zu nutzen – und zwar bei gleichzeitiger Umschiffung solcher Firmen, denen die Erfüllung der hohen Erwartungen nicht zuzutrauen ist, bzw. bei denen sogar Pleiten drohen. Auch die anhaltende Asset-Inflation, die in engem Zusammenhang mit der sprunghaft gestiegenen Staatsverschuldung und dem rapide sinkenden Handlungsspielraum der Notenbanken steht, spricht für Aktien und aktienbasierte Anlagestrategien.

Davon abgesehen haben die Entwicklungen in den vergangenen Jahren verdeutlicht, dass die Wahrscheinlichkeit für Extremszenarien an den Börsen zuzunehmen scheint. Wir haben in unsere Short-Vola-Fonds (Wallrich Prämienstrategie sowie Wallrich AI Libero und AI Peloton), die von größeren Ausschlägen an den Aktienmärkten und sich daraus ergebenden attraktiven Optionsprämien grundsätzlich profitieren, deshalb einem Schutzmechanismus gegen derartige „Tail Risks“ implementiert. Gerne erläutern wir Ihnen die Funktionsweise dieser Absicherungskomponente im Rahmen unserer verschiedenen Informationsveranstaltungen oder auch bei einem persönlichen Gespräch. 

Gold wird als stabilisierender Faktor in den von uns verwalteten Portfolios sowie im Wallrich Marathon Balance (aktuelle Gewichtung: 9,00%) auch weiterhin von Bedeutung sein. Mit seiner z.T. negativen Korrelation zu Aktienrenditen reduziert es die Depotausschläge. Wie bereits in den vergangenen beiden Jahren dürfte das glänzende Edelmetall als stabiles Wertaufbewahrungsmittel zudem auch 2021 von der voranschreitenden Schwäche aller wichtigen Währungen (US-Dollar, Euro und Yen) profitieren. Staats- und Unternehmensanleihen betrachten wir aufgrund des aktuellen Zinsumfelds sowie der sich über viele Jahre hinweg fortsetzenden Null- bzw. Negativzinsphase dagegen nur in Ausnahmefällen als sinnvolle Anlagealternative. Ihr Nutzen besteht im Wesentlichen darin, liquide Mittel strafzinslos parken zu können.

 210111 Kapitalmarktenwicklung 2020