„Eine Minute vor Mitternacht“ – Mit diesen Worten wird die UN Klimakonferenz 2021 in Glasgow eröffnet, welche den Ernst der Lage sowie die momentane Klimapolitik gut widerspiegeln. Der Weg in eine umweltfreundliche, CO2 -freie Zukunft ist noch weit, und abhängig von grünen Innovationen und technischem Fortschritt.

Eine der größten Fragen wird sich im Bereich der Energieträger gestellt. In der Automobilindustrie scheint sich der Elektromotor durgesetzt zu haben, wodurch Wasserstoff schnell an Aufmerksamkeit verlor. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es keine Anwendungsbereiche für den, meist aus Wasser gewonnenen Stoff, mehr gibt. Die Schwerindustrie, welche mit insgesamt 19% des weltweiten CO2-Ausstoßes den zweitgrößten CO2-Fußabdruck hinterlässt, kann aufgrund sehr hoher Temperaturen nicht elektrifiziert werden. Das muss sich ändern, denn einerseits werden die Kosten für den CO2-Ausstoß durch teurere Emissionszertifikate und steigende Bußgelder immer höher und andererseits muss der Klimaerwärmung schnellstmöglich entgegengewirkt werden. Wasserstoff könnte hierbei eine entscheidende Rolle spielen und herkömmliche Kraftstoffe teilweise ersetzen.  

Der größte Vorteil besteht darin, dass bei der Verbrennung von H2 nicht das Abfallprodukt Kohlenstoffdioxid entsteht, sondern lediglich Wasser freigesetzt wird. Zudem ist es das am häufigsten vorkommende Element in der Natur (also unendlich vorhanden) und hat eine hohe massenbezogene Energiedichte. Der Transport wird mittels Pipelines und die Speicherung mittels Salzkavernen gewährleistet. 

Trotzdem gibt es noch einige Hürden und Probleme, welche die vollkommene Umstellung auf Wasserstoff in der Schwerindustrie - zumindest momentan - nicht möglich machen. Oft wird kritisiert, dass die Wasserstofferzeugung sehr teuer und vor allem energieintensiv ist, die Gewinnmagen beispielsweise im Stahlgeschäft sehr niedrig sind und es einen unerbittlichen Konkurrenzkampf gibt. Derzeit verursacht nur die Gewinnung rund zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Bei der Verbrennung mag Wasserstoff zwar klimaneutral sein, für seine Extraktion jedoch werden häufig fossile Brennstoffe wie Erdgas aufgewendet. Es entsteht sogenannter „grauer Wasserstoff“. Um tatsächlich einen Nutzen für den Klimaschutz zu erbringen, müsste „grüner Wasserstoff“ genutzt werden, der mit Hilfe erneuerbarer Energien gewonnen wird.

Die Technologie steckt zwar noch in den Kinderschuhen, trotzdem gibt es einige vielversprechende Projekte, die das mögliche Potential des Zukunftsenergieträgers schon jetzt erahnen lassen. 

Für große Aufmerksamkeit sorgte zuletzt PlugPower, welche im Oktober eine Zusammenarbeit mit Airbus und Phillips66 verkündeten. PlugPower entwickelt und fertigt Brennstoffzellen für die Anwendung in der Elektromobilität sowie Anlagen zur H2-Speicherung und H2-Betankung. Airbus hat das Ziel bis 2035 emissionsfreie Flugzeuge auf den Markt zu bringen und setzt somit den Grundstein für eine grüne Wasserstoff-Infrastruktur an Flughäfen und eine Dekarbonisierung der Luftfahrt. 

Auch RWE treibt zusammen mit Partnern 30 grüne Wasserstoff-Projekte voran. Sie sind entlang der gesamten Wertschöpfungskette positioniert und schaffen ideale Rahmenbedingungen für den Aufbau einer funktionierenden Wasserstoff-Infrastruktur. Eines der größten Projekte nennt sich „GET H2“. Dahinter stehen Unternehmen und Institutionen, die sich aktiv für die Schaffung eines wettbewerbsorientierten Wasserstoffmarktes und für die dazu notwendigen Anpassungen der gesetzlichen und regulatorischen Grundlagen einsetzen. In mehreren Projekten fokussieren sich die Partner der Initiative auf die Entwicklung der Technologien und ihre Markteinführung und planen die Realisierung von Infrastrukturen zu Produktion, Abnahme, Transport und Speicherung von grünem Wasserstoff.

Neuerdings wird mit Wasserstoff oft auch Ammoniak als indirekter Wasserstofftransporteur in Verbindung gebracht. Ammoniak oder NH3, besitzt 3 Wasserstoffatome und ein Stickstoffatom und kann umweltfreundlich in einer Brennstoffzelle zu Energie umgewandelt werden. Der Vorteil von Ammoniak gegenüber Hliegt in der Speicherung, dem Transport und der Weiterverwendung. Um Wasserstoff kompakt zu speichern, muss es entweder extrem komprimiert oder verflüssigt werden. Das erfordert viel Energie, spezielle Anlagen und teure Hochdruckbehälter. Ammoniak hingegen ist ein Gas, das bei Raumtemperatur und geringer Kompression flüssig wird. Die Handhabung ist ungleich simpler.

Vor allem die Frachtschiffbranche hat NH3 als Alternative zum mittlerweile geächteten Schweröl ausgemacht. Eines der Unternehmen, die am intensivsten an entsprechenden Technologien forschen, ist IHI Corp. Das japanische Schwerindustrie-Konglomerat verfolgt die Vision eines globalen Ammoniak-Netzwerks im großen Stil und will bei der Synthese, der Speicherung und der Rückverstromung mitmischen.

Zu lange hat die Menschheit beim Thema Klimaschutz weggesehen. - Nun aber wird es höchste Zeit! Noch verbirgt sich hinter allen Lösungsansätzen für eine emissionsfreie Zukunft auch eine Kehrseite der Medaille. Die Frage ist nur wie schnell es der technische Fortschritt möglich macht, erneuerbare Energieträger effizienter, wirtschaftlicher und vor allem umweltfreundlicher zu produzieren. Die Forschung in diesem Bereich ist noch jung, die möglichen Auswirkungen sind jedoch enorm.