Wolfgang Packeisen, ADP Investment Management AG

Die Bernanke-FED hat gestern Abend sämtliche Zweifel darüber ausgeräumt, was "un-orthodoxe" Geldpolitik wirklich bedeutet: wir wollen mehr Inflation ! ! Dem ist absolut nichts mehr hinzuzufügen.

Wie sehr sich der Prozess der „Normalisierung“ am globalen Kapitalmarkt manifestiert, lässt sich daran messen, wie entspannt die Börse die Flut der Ereignisse vom Kaliber der US-Wahl-Ausgang, der „Paket-Bomben-Episode“, Zinserhöhungen in Australien, Indien, Dänemark, dem Anstieg der chinesischen Währung, der politischen Verhältnisse in Argentinien / Brasilien, der Explosion der CDS-Spreads für Griechenland und Irland, dem steigende Ölpreis wegsteckt. Vor wenigen Wochen hätte jedes dieser Ereignisse individuell ausgereicht, um mächtige Kursausschläge zu verursachen. Wo Zyniker erste Erfolge der Finanzmarkt-Reformen reklamieren (Wall-Street-Kasino wurde geschlossen), da beklagt Wall-Street einen Streik der Privat-Anleger.

Apropos Wall-Street: da die US-Geldpolitik weiter gelockert wird, obwohl die jüngsten Wirtschaftsdaten selbst in Amerika ausgesprochen freundlich ausfallen, wird klar, worum es geht. Die alte Funktion, bei der steigende Vermögenspreise der Ausdruck einer wert-schöpfenden Volks-Wirtschaft sind, wird wie folgt instrumentalisiert: statt geduldig zu warten, bis der Erfolg sich in den Börsenkursen spiegelt, werden steigende Vermögenspreise jetzt zum Motor für wirtschaftliche Expansion umfunktioniert (so formuliert es ein ehemaliger Fed-Gouverneur). Wer daran zweifelt, dem sei die Lektüre der heutigen Washington Post empfohlen, wo ein fast schon verzweifelt klingender Bernanke mit haarsträubenden Argumenten die jüngste geld-politische Entscheidung öffentlich rechtfertig (unser Urteil: es ist beschämend, wie ein studierter Akademiker, Volkswirt und verantwortlicher Kommandeur der Welt-Reserve-Währung versucht, dem Rest der Welt die Pudel-Mütze über die Augen zu ziehen. Kritiker schimpfen: you can fool some people sometimes, but you cannot fool all the people all the time!!).

Fazit: 1.) Aktienmarkt: Unter „normalisierten“ Umständen unterstützen die jüngsten ISM und PMI-Daten einen Anstieg der Aktienkurse um 20% jährlich, woraus sich z.Bsp. für den S&P-Index ein Index-Ziel von 1.240 Punkten per Dezember errechnet. Unterstellt man bei gleichem Wirtschafts-Wachstum höheres Gewinn-Wachstum (Kosten gesenkt / Gewinn-Margen erhöht), so ergeben sich höhere Kurziele, von der reduzierten Zinslast ganz zu schweigen (dank Nullzinsen werden heute weniger als 6% vom GDP für Zinslasten aufgewendet im Vergleich zu historischen 13%). Ob der Staat die Gewinn-Bonanza irgendwann härter besteuert, ist so sehr ein Thema der Zukunft, wie die Frage, ab welchem Börsen-Kursniveau höhere Zinsen ins Haus stehen.

Fazit 2.) Am augenblicklichen Status Quo wird niemand rütteln, denn der G-20 Gipfel nächste Woche in Korea will sich als Präventiv-Mittel gegen Währungskriege auf Zahlungs-Bilanz-Ungleichgewichte von maximal 4% des GDP verständigen. Zur Einlösung solcher Versprechen braucht Amerika circa 6% Nominal-Wachstum sowie Export-Weltmeister (Deutschland, China, BRIC’s), die den Binnenkonsum anheizen. Amerika hat die Geldpolitik als Zugpferd vor den Karren gespannt, während Europa und Asien es mit der Währungspolitik versuchen. Friede, Freude, Eierkuchen lautet die Parole unter Börsianern und daran dürfte sich wenig ändern. Drei gewichtige Gründe für steigende Kurse:

US-Arbeitsmarkt: Hier winkt die Trendwende, denn die Firmen müssen bald Personal einstellen, da der Spielraum für Produktivitäts-Steigerungen erschöpft ist, nachdem die Gewinn-Margen bereits historisch hoch sind. Steigende Nachfrage bedeutet automatisch neue Arbeitsplätze (deshalb gibt die Fed Vollgas).

Immobilien: Ähnliches gilt auch für den Bau-Sektor, wo der Anteil am GDP auf ganze 2,5% gefallen ist. Konkret ist es schwer für einen Wirtschafts-Sektor, der bereits kollabiert ist und faktisch keinen Beitrag zum GDP liefert, noch mehr Schaden anzurichten. Weiteres Indiz: Die US-Architekten-Kammer meldet absolute Rekord-Neu-Aufträge, womit die Talsohle vermutlich bereits durchschritten ist.

Investitions-Güter-Industrie: Laut Fed-Statistik schrumpft die Netto-Industrie-Kapazität in den USA schon seit Jahren, da die Abschreibungen weiterhin deutlich über den Neu-Investitionen liegen, was den Kapitalstock der Volkswirtschaft völlig auszehrt (veraltete Industrie-Anlagen). Hier ist mit einem kräftigen Schub zu rechnen, falls Amerika im globalen Wettbewerb nicht hoffnungslos abgehängt werden will.

P.S. aus der Schweiz:

Für die Schweizer Nationalbank zählt der Immobilienmarkt zu den Top-Prioritäten. Noch sei die Lage nicht dramatisch oder alarmierend, aber . . .(SNB Jordan warns: property market is among CB's top three concerns, but added that the situation isn't yet "alarming or dramatic". Jordan stressed that "the benchmark interest rate needs to be higher in order for conditions to normalize. The longer the benchmark remains low because of the current inflation outlook as well as the exchange rate and economic developments, the higher the risk of a bubble". The SNB will "closely monitor" all developments and Jordan warned that some banks are not "overly conservative" when granting loans.

 

 

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