Wolfgang Packeisen, ADP Investment Management AG

Das Gewerbe der Prognosen ist gefährlich, weil asymmetrisch, denn schief liegen wird relativ härter abgestraft als die Belohnung ausfällt, wenn man Recht hat. Viele Berichterstatter beschränken sich verständlicher weise auf das Beschreiben der „Symptome“ ohne Schlussfolgerungen daraus abzuleiten. Trotz des unbestreitbaren Risikos wagen wir uns mal kurz aus der (Prognose-) Deckung.

US-Arbeitsmarkt: die jüngsten Daten (ordentlicher Rückgang bei Neuanträgen von Arbeitslosen, gewaltiger Rückgang bei Beziehern von Arbeitslosen-Unterstützung) gelten als Indiz für eine statistisch relevante (hohe) Fehlerquote im letzten Arbeitsmarktbericht für November. Die Folge: eine heftige Korrektur deutet sich an (kräftiger Rückgang der Arbeitslosenrate). Das ist eine frohe Weihnachts-Botschaft für alle, die Arbeit suchen. Es ist auch extrem „bullish“ für den Aktienmarkt, denn die Fed hatte diese Daten nicht, als die letzte Runde QE-2 beschlossen wurde und der US-Präsident auch nicht, als er dem Kompromiss für das Steuer-Paket mit den Republikaner seinen Zuschlag erteilte.

Unser Fazit: Mit anderen Arbeitsmarkt-Daten wäre deutlich weniger monetäre und fiskale Stimulanz in die US-Wirtschaft geblasen worden. Der renommierte US-Fonds-Manager Bill Gross / PIMCO hat seine GDP-Prognose für 2011 daraufhin gleich mal um 50% angehoben (auf 3-3,5% von 2-2,5%).

Die jüngsten Daten des amerikanischen Großhandels waren ebenfalls so gut, dass die ursprünglich mit 2% geschätzte Wachstumsrate der US-Konjunktur für Q3 nun vermutlich auf 3,3% revidiert werden muss. Die Folge: der Wachstumspfad für das laufende Q4 liegt deutlich höher als gedacht (+50%); auch vor diesem Hintergrund wirken die jüngsten finanzpolitischen Beschlüsse in Washington (Fiskal + Monetär) völlig überzogen; jetzt wird klar, warum Wall-Street-Größen wie PIMCO, GoldmanSachs, MorganStanley oder DB-Research über Nacht die Prognosen für 2011 hochschrauben!

Die Mehrheit der US-Amerikaner stimmt in Umfragen dafür, jener Bernanke-Fed, die der US-Konjunktur das Leben gerettet hat, die Flügel zu stutzen (Macht einschränken). Zyniker frotzeln: warum sollte es Bernanke besser gehen als Frau Merkel, die ebenfalls ständig dafür verprügelt wird, dass es Deutschland gut geht. Aber mal Spaß beiseite: Die Botschaft der US-Bürger lautet: helfen darf die Fed ja, aber die Umverteilung stimmt einfach nicht, wenn kaum was bei „Joe Public on Main-Street“ ankommt, während Wall-Street sich die Taschen voll stopft. Natürlich ist die Behauptung unfair, Wall-Street sorge mit Cassandra-Szenarien für Konjunktur-Panik unter Politikern, bis es Steuergeschenke und Frei-Geld hagelt (danach werden die Prognosen blitzschnell wieder erhöht). Bernanke hat nicht ganz unrecht wenn er befürchtet: Die Arbeitslosigkeit trifft insbesondere die „weniger Gebildeten“ so hart, dass der Zusammenhalt der Gesellschaft in einem nicht mehr akzeptablen Umfang gefährdet wird.

PS: DB-Research wagt sich als größtes Euro-Bond-Emissionshaus nun ebenfalls aus der Deckung und wirbt für einen Plan „B“ zur Rettung der EU (Emission von Euro-Bonds).

 

 

 

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