Wolfgang Packeisen, ADP Investment Management AG

Es gibt vor dem Hintergrund der jüngsten Konjunkturdaten keinen einzigen Volkswirt – weder in Europa noch in den USA oder in Asien – der seine Wachstums-Prognose nicht gewaltig anhebt. Obwohl der Wortlaut im gestrigen FOMC-Protokoll der Fed erwartungsgemäß keine Überraschung enthielt, sind wir ein wenig verblüfft. Der Grund: Die US-Konjunktur läuft mit real gut 3,5% wie geschmiert, deutlich über dem Durchschnittswert sowie jenem Output-Gap, das die Kapazitätsgrenze definiert. Und das Tempo wird sich noch beschleunigen (sämtliche Wall-Street-Häuser haben ihre GDP-Prognosen in den letzten Tagen kräftig revidiert, nachdem Pimco die Lawine in der letzten Woche los getreten hat).

Aus Sicht der Fed (siehe Protokoll gestern) ist das aber immer noch deutlich zu wenig, denn die Arbeitslosigkeit sinkt nicht und so bleibt es bei „Frei-Geld-für-Alle“ (die den Mut haben, es zu nehmen). Die Börse darf getrost darauf spekulieren, dass die Fed solange Vollgas gibt (Einladung zur Spekulation), bis sich eine Wende am Arbeitsmarkt manifestiert. Das kann dauern, da der Arbeitsmarkt ein klassischer Spät-Indikator ist. Man stelle sich nur mal für einen Moment vor, die Arbeitslosigkeit sei nicht zyklisch, sondern strukturell (z.Bsp. permanenter Verlust der Wettbewerbsfähigkeit durch enorme Schuldenlast), dann bliebe es auf ewig bei Nullzinsen (wie in Japan). Spätestens hier wird klar, warum es ein Konstruktions-Fehler war, die Geldpolitik für Vollbeschäftigung verantwortlich zu machen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die amerikanische Finanzpolitik (Geld und Fiskalpolitik) einen tragischen Infarkt erleidet. Kommt Washington nicht rechtzeitig freiwillig zur Vernunft, dann wird der Kapitalmarkt das genauso erzwingen, wie er jetzt die PIGS der EU mit brutalen Strafzinsen zur Räson bringt.

Vielleicht ist die Rendite für 10-jährige Dollar-Staatsanleihen deshalb seit der Ankündigung von QE-2 Anfang November (in knapp 4 Wochen) um mehr als 100bps auf mittlerweile 3,45% angestiegen, während nicht wenige Experten einen weiteren Rückgang unter die Marke von 2% prognostiziert hatten und die Fed solche Titel wie blöd aufkauft! Und vielleicht ist die Stimmung unter den Aktien-Analysten deshalb so euphorisch für 2011 (man fragt sich nur, warum die bislang so pessimistisch waren).

In Europa treffen sich die EU-Häuptlinge zum erneuten Euro-Palaver. Es geht um jene Transfer-Union, deren Charakter von den Gründervätern vor 50 Jahren so in der Charta verankert wurde (was von Deutschland angeblich widerspenstig bekämpft wird).

Hier unser (sarkastisches) Fazit: Je länger Merkel und Schäuble pokern (verhandeln), desto länger bleiben die Zinsen weltweit bei null / wilder brummt die Konjunktur / sprudeln die Steuerquellen / wächst der Überschuss. Das Problem mit dieser Taktik: spätestens wenn Deutschland schneller wächst als Entwicklungsländer wie China oder Brasilien, weil der Rest der Welt das Gaspedal bis in die Ölwanne tritt, wird es eng, weil sich derartige Überschüsse nicht so einfach unter der Matratze verstecken lassen (globaler Neid-Ausbruch). Frau Merkel sollte also langsam/zögerlich/schimpfend und fluchend nachgeben, bevor in Deutschland die Vollbeschäftigung ausbricht und ähnlich wie in China Lohnerhöhungen von 15% und mehr auf der Agenda stehen (ÖTV will 7% und 75% aller Mitglieder im Verband der Arbeitgeber sind für kräftige Lohnerhöhungen). Am Ende müssen wir noch genau wie China heute oder die Bundesbank in 1974 (als Bretton-Woods-1 kollabierte) wieder sämtliche Dollars aufkaufen. Da sollten wir lieber die Europäer retten, denn die sind geringer verschuldet als die USA!

 

 

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