Der Künstler Johannes Müller-Franken
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- 12. Oktober 2009
Als ersten Künstler in unserem Kunst-Blog möchten wir den Maler Johannes Müller-Franken vorstellen. Man könnte ihn im weitesten Sinne als "Realisten" bezeichnen, denn er bildet offenbar ganz nach Augenschein unsere Erfahrungswelt ab.
"Les Talens Lyriques", 2007, 34 x 27 cm, Öl auf Leinwand
Als wir zum ersten Mal seine Arbeiten sahen, glaubten wir am Anfang, es handelte sich um Fotografien. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn man kennt heutzutage nur das Foto, wenn man die Welt im Bild deutlich wiedererkennbar sieht. Man nimmt es als die authentischste Dokumentation der Wirklichkeit. Genauso schnell, wie das Foto entstanden ist, schaut man es auch an und genauso oberflächlich, wie das Foto im allgemeinen ist, ist auch der Blick darauf. Die Flüchtigkeit des Blicks ist ein signifikantes Symptom unserer Zeit, die ständig wechselnde, reizstarke Bilder erzeugt, die man als Fernsehbild, beim Blättern in Illustrierten und als Popups auf dem PC-Bildschirm erlebt. Auch die Bildende Kunst, die ja den Zeitgeist repräsentieren soll, hat sich in ihrer Ausdrucksweise dem angeglichen: In der Malerei gilt es sogar als Qualitätsmerkmal, wenn man einem Bild ansieht, dass es in kurzer Zeit entstanden ist.
Johannes Müller-Franken setzt dem Bilder entgegen, die in einem langen Zeitraum hergestellt werden und Zeit zum Betrachten erfordern. Denn schon der zweite Blick offenbart, dass es sich mitnichten um Fotografien handelt, sondern um mit einem ungewöhnlich hohen Maß an handwerklicher Gediegenheit entstandene Kondensationen seines höchstpersönlichen Wirklichkeitserlebens.
Wer sich auf die in seinen Bildern erzeugte Illusion einlässt, die bei aller scheinbaren Übereinstimmung etwas anderes repräsentiert, als die unmittelbare für uns erfahrbare Realität, spürt, dass der monatelange Malprozess etwas absolut Subjektives zum Vorschein bringt, was unmöglich in einer 125tel Sekunde mit einer Fotokamera entstehen kann.
"Nobilis Juventus", 2008, 70 x 64 cm, Öl auf Leinwand
Gleichwohl benutzt Müller-Franken die Fotografie als Informationsquelle, denn seine gemalte Wirklichkeit ist so dicht und kompakt, der Illusionsgehalt so groß, dass er sie nicht ausschließlich aus der Imagination herstellen kann.
Wir zeigen hier einige seiner Arbeiten als fototechnisch entstandene Reproduktionen, die ihrerseits auf dem Computer-Bildschirm erscheinen. Sehr viel von der Tiefe der Originalbilder geht dabei verloren. Wenn man die Aura dieser Werke wirklich erfahren will, kann dies eigentlich nur durch unmittelbares Betrachten geschehen.
"Aus der Neuen Welt", 2008, 97 x 100 cm, Öl auf Leinwand
Johannes Müller-Franken über seine Arbeit:
Was ich als Maler mache, geschieht nicht als Ergebnis eines Abwägens zwischen mehreren Optionen, wie ich mich künstlerisch mitzuteilen soll. Die Welt als sinnliches Phänomen hat, seit ich mich erinnern kann, meine Faszination und mein Staunen erweckt. Das große Bedürfnis, meinem Gefühl als elementare Grundlage des Wirklichkeitserlebens einen sichtbaren Ausdruck zu verleihen, konnte für mich nur in der Weise befriedigt werden, wie sie auf meinen Bildern geschieht.
Es besteht folglich nicht die Absicht, diese Welt so zu malen, wie sie ist. Selbst wenn ich das wollte, wäre es faktisch nicht möglich; das Resultat solcher Bestrebungen kann nur immer eine Übersetzung sein. Die auf meinen Bildern erscheinende Parallelwelt ist der realen sehr ähnlich, ohne diese aber wirklich sein zu sollen.
Ich halte die Form meiner Bilder für zeitgenössisch, auch wenn ich mit meiner Arbeit an die prämoderne europäische künstlerische Tradition anknüpfe. Dies geschieht jedoch nicht aus einem nostalgischen Ressentiment. Der Illusionismus erscheint mir als der einzige Weg, meine Weise, den sinnlichen Reichtum der Erscheinungswelt zu erleben, anhand mich besonders berührender Phänomene in verdichteter Form wiederzugeben.
"Sarabande pour le Génie de l' Amitié", 2008, 55 x 70 cm, Öl auf Leinwand
Die von mir gemalten Situationen sind frei erfundene Inszenierungen. Sie haben jeweils kein persönliches Einzelerlebnis als Grundlage, sondern setzen sich aus der Summe einer ganzen Reihe oft disparater sinnlicher Erfahrungen zusammen, die dann in einem neuen Kontext erscheinen.
Um diesen in einer möglichst optimalen Bildform zu veranschaulichen, werden alle Einzelheiten für ein Bild sorgfältig ausgesucht und zusammengestellt: Die Schauplätze, die Modelle, die Kleidung, die Requisiten etc. Die dargestellten Ereignisse sollen schlicht und unsensationell sein. Sie bilden den dezenten Rahmen für das Auftreten der Protagonisten, um die es hauptsächlich geht.
Da meine Arrangements, insbesondere die Modelle, mir nicht während des ganzen oft monatelangen Malprozesses zur Verfügung stehen können, benutze ich eine große Anzahl selbstgemachter Fotografien als Hilfe. Da das Foto seinerseits bereits übersetzte Realität ist, gilt es diese zu durchbrechen und seinen inneren Gehalt zu übernehmen bzw. in die Wirklichkeit des entstehenden Bildes zu integrieren. Das Foto garantiert das Sichtbare als die gemeinsame Basis, auf der sich der Betrachter meiner Arbeiten mit mir befindet.
"Freundinnen IV", 2000, 71 x 64 cm, Acryl auf Leinwand auf Sperrholz montiert
B I O G R A F I E
1960 Geboren in Freiburg im Breisgau
1980-90 Studium der Kunsterziehung an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz mit Schwerpunkt Film und Malerei
1990-92 Studium der Freien Bildenden Kunst an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz mit Schwerpunkt Malerei
EINZELAUSSTELLUNGEN
1998 Städtische Galerie im Park, Viersen; Emslandmuseum Schloss Clemenswerth, Sögel; Kunstverein Eisenturm, Mainz
2001 O.K. Harris Works of Art, New York
2009 O.K. Harris Works of Art, New York
AUSSTELLUNGSBETEILIGUNGEN (AUSWAHL)
1986 Galerie Polyprint, Wuppertal Kunstpreis der Sparkasse Esslingen; "Kunst 86", Haus der Kunst, München; Kunstpreis Eisenturm, Mainz
1987 Kunstpreis der Sparkasse Esslingen; Kunstpreis der Stadt Alpirsbach
1988 Galerie der Stadt Mainz
1989 Kunstpreis der Sparkasse Karlsruhe; Landeskunstausstellung, Rheinisches Landesmuseum Trier; Kunstpreis der Sport Toto GmbH, Koblenz
1990 "Kunst 90", Haus der Kunst, München; "Trompe l'Oeil heute", Kunstkreis Hameln
1991 "Kunst 91", Haus der Kunst, München; "Den Mops verdoppeln? - Realismus heute", Städtische Galerie im Park, Viersen; Dresdner Bank Zentrale, Frankfurt am Main
1992 Landeskunstausstellung, Mittelrheinisches Landesmuseum, Mainz
1993 1. Realismus Triennale, Martin-Gropius-Bau, Berlin
1995 "Scharfer Blick - Der Deutsche Künstlerbund in Bonn; Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn
1997 "Große Kunstausstellung", Haus der Kunst, München; "Große Kunstausstellung Nordrhein-Westfalen", Kunstpalast, Düsseldorf; Galerie Bäumler, Regensburg
1999 Galerie Bäumler, Regensburg
2001 "Visionen des Wirklichen", Städtische Galerie im Park, Viersen
2002 Chicago Art Fair
2009 M. A. Doran Gallery, Tulsa, Oklahoma
2010 "Realismus - Das Abenteuer der Wirklichkeit", Kunsthalle Emden; "Realismus - Das Abenteuer der Wirklichkeit", Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München
PREISE UND STIPENDIEN
1987 1. Preis beim Kunstpreis der Stadt Alpirsbach, "Nach der heftigen Malerei eine neue Sensibilität"
1989 Förderpreis der Sport Toto GmbH Rheinland-Pfalz
1994 Studienstipendium des Delfina Entrecanales Studio Trust, London