Von Insolvenzen bekannter Emittenten wie zuletzt Air Berlin sind Privatanleger oft überproportional stark betroffen. Dabei lässt sich die Zahl der Fehlgriffe durch Beachtung einiger wichtiger Punkte in engen Grenzen halten.

Prokon, MS Deutschland, KTG Agrar oder zuletzt Air Berlin. Spektakuläre Pleiten sind in einer freien Marktwirtschaft niemals ausgeschlossen. Durch die Berücksichtigung einiger wichtiger Verhaltensregeln können unliebsame Überraschungen im eigenen Anleihebestand allerdings deutlich reduziert, bzw. im Falle eines Falles die Schäden in überschaubarem Rahmen gehalten werden. So lassen sich gerade Privatanleger zu häufig von bekannten Namen und hohen Zinskupons verführen. Stattdessen kommt es auf die Qualität des Geschäftsmodells, die Fähigkeit zur Anleihetilgung oder Refinanzierung sowie als letzter Ausweg die Höhe der Konkursquote – und zwar in genau dieser Reihenfolge – an.

Stabile Erträge und konstant hohe Cash Flows
Entgegen aller positiven Zukunftsprognosen des Managements lässt sich ein funktionierendes Geschäftsmodell insbesondere an stabilen operativen Erträgen und einem konstant hohen Cash Flow erkennen. Sind diese beiden Bedingungen erfüllt, wird es in den allermeisten Fällen auch möglich sein, Zinsverpflichtungen nachzukommen und fällige Anleihen zu refinanzieren. Bei Air Berlin waren die genannten Kriterien ausweislich der Bilanzen nicht erfüllt. So erwirtschaftet die Airline in den vergangenen Jahren durchweg Verluste. Allein 2016 waren es 782 Mio. Euro, der Netto Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit lag bei minus 472 Mio. Euro. Hinzu kommt ein negatives Eigenkapital. Dies ist nicht nur als Warnzeichen zu sehen, sondern sollte zumindest von weniger erfahrenen Anlegern als unbedingtes Ausschlusskriterium betrachtet werden.

Was ist im schlimmsten Fall noch drin?
Gerade bei Wackelkandidaten, deren Kupons und Renditepotenziale besonders verführerisch wirken, ist darüber hinaus das Worst-Case-Szenario in die Betrachtung mit einzubeziehen. Anleger sollte sich bei diesen Papieren deshalb schon vor dem Kauf Gedanken darüber machen, mit welcher Rückzahlungshöhe im Konkursfall mindestens zu rechnen ist. Steht die besagte Schuldverschreibung im Rang hinter diversen anderen Forderungen, was einen nennenswerte Konkursquote praktisch ausschließt, oder ist sie mit werthaltigen Assets besichert, oder besteht sogar die Garantie einer finanzstarken Mutter?

Auch an dieser Stelle sieht es bei Air Berlin überaus dürftig aus. Die Bonds sind nicht besichert und es ist schon fast überraschend, wie lange der Großaktionär Etihad aus Abu Dhabi, der hierzulande keinen Imageschaden befürchten muss, an seinem Engagement festgehalten hat. Für die Anleihegläubiger verwertbare Assets sind wenn überhaupt nur in sehr geringem Umfang vorhanden. Die Flugzeuge sind größtenteils geleast und mögliche Erlöse aus dem Verkauf von Start- und Landerechten dienen zunächst einmal der Ablösung des Massekredits in Höhe von 150 Mio. Euro, den der Bund über die KfW-Bankengruppe zur Verfügung gestellt hat. Der Regierung geht es hier (im Vorfeld der Wahlen) ganz offensichtlich um die geregelte Rückholung der Urlauber und den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze. Da in den kommenden drei Monaten höchstwahrscheinlich weiteres Geld verbrannt werden wird, sind insbesondere Anleihebesitzer die Leidtragenden dieser Strategie. Sie werden wohl weitestgehend leer ausgehen.

Eigene Erfahrungen und Kenntnisse berücksichtigen
Nicht immer ist die Abschätzung der Befriedigungsaussichten allerdings so einfach wie bei Air Berlin. Weniger erfahrene Privatanleger sollten es auf eine hohe Pleitegefahr deshalb gar nicht erst ankommen lassen, sondern sich rechtzeitig – im Zweifel auch mit überschaubaren Verlusten – aus entsprechenden Engagements verabschieden.

Gleichwohl ist es trotz aller Warnungen keineswegs sinnvoll, ausschließlich auf Rentenpapiere bester Bonität ohne jeden „Kratzer“ zu setzen. Mit derartigen Bonds ist im aktuellen Zinsumfeld schließlich kaum etwas zu verdienen. So lassen sich gewisse (nicht alle!) Defizite an der einen oder anderen Stelle durch entsprechend hohe Renditeerwartungen durchaus kompensieren. Dabei sind allerdings zwei Punkte unbedingt zu berücksichtigen: Zum einen muss das Chance-Risiko-Verhältnis tatsächlich stimmen, und zum anderen darf in solche High Yields jeweils nur ein so kleiner Teil des Vermögens investiert werden, dass ein Totalverlust nicht übermäßig schmerzt. War ersteres bei Air Berlin sicherlich nicht gegeben, bleibt zu hoffen, dass die betroffenen Anleger zumindest den zweiten Teil dieser Restriktion eingehalten haben.