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- 05. November 2018
Nicht nur draußen wird es ungemütlicher, auch an den Kapitalmärkten herrscht depressive Stimmung. Sollten sich Anleger deshalb warm anziehen, oder gilt es antizyklisch zu handeln? Während diese Frage hinsichtlich des Wetters leicht zu beantworten ist, fällt die Entscheidung mit Blick auf die Aktienmärkte deutlich komplexer aus. Überreaktionen sind allerdings in beiden Fällen zu vermeiden.
Auf über 14.000 Punkte wird der Deutsche Aktienindex bis Jahresende 2018 steigen. So lautete zumindest die durchschnittliche Prognose von 32 Banken Ende vergangenen Jahres (Quelle: Statista.com). Den pessimistischsten Ausblick hat mit 12.300 Punkten damals die Hessische Landesbank abgegeben. Aber selbst diesen Wert hat der DAX inzwischen weit unterboten. So betragen die Kursverluste Ende Oktober 11,4%, wobei sich die Abwärtsdynamik in den letzten Wochen beschleunigt hat und die Volatilität deutlich angestiegen ist. Ähnliches gilt auch für den Euro Stoxx 50.
Breiter Mix an Belastungsfaktoren
Die Gründe für die schwache Entwicklung an den internationalen Börsen liegen auf der Hand. Nach wie vor befinden sich die USA mit diversen Ländern in schwerwiegenden Handelsstreitigkeiten. Erste Institutionen haben deshalb damit begonnen, ihre Prognosen für das globale Wirtschaftswachstum nach unten zu korrigieren. So hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seinen Wachstumsausblick genau aus diesem Grund für 2018 und 2019 um jeweils 0,2 Prozentpunkte zurückgenommen. Dabei würde das exportstarke Deutschland die Abkühlung besonders stark zu spüren bekommen. Zudem bestehen diverse weitere politische Konfliktherde, zu denen durch die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul und die von Trump angedrohte Aufkündigung des Atom-Abrüstungsvertrags mit Russland erst kürzlich zwei weitere Risiken hinzugekommen sind. Beides könnte zu erhöhten Ölpreisen und weiteren Handelsrestriktionen führen. Die Emerging Markets-Länder, die zum Teil stark in US-Dollar verschuldet sind, leiden dagegen insbesondere unter den Zinssteigerungen in den USA.
Bezogen auf die europäischen Aktienmärkte sind darüber hinaus der bevorstehende (harte) Brexit sowie die Schuldenkrise in Italien zu nennen. Besonders der ohnehin schon stark exportsensitive deutsche Aktienmarkt leidet zudem unter dem Dieselskandal. So hat sich der DAXsector Automobile Index im laufenden Jahr um fast 20% reduziert.
Schlechte Stimmung, positives Überraschungspotenzial
Grundsätzlich kann es bei den aufgeführten Belastungsfaktoren natürlich immer noch schlimmer kommen, als es die aktuelle Lage vermuten lässt. Besonders gravierend wäre dies im Falle Italiens. Andererseits fällt die Unsicherheit schon jetzt extrem hoch aus, wie sich am Monthly Global Economic Policy Uncertainty Index der drei amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Scott R. Baker, Nick Bloom und Steven J. Davis ablesen lässt.
Monthly Global Economic Policy Uncertainty Index
Quelle: Scott R. Baker, Nick Bloom, Steven J. Davis, www.policyuncertainty.com.
Viele Aktien, aber auch der DAX selbst sind „überverkauft“. Steigende Unternehmensgewinne führen teilweise zu Kursverlusten, mäßige Bilanzen werden gnadenlos abgestraft. Als SAP am 18. Oktober bei der Präsentation der Quartalszahlen die Prognose für das Gesamtjahr erneut angehoben hat, gaben die Aktien des Walldorfer Softwareriesen im Tagesverlauf beispielsweise um 6,8% nach. Die Stimmung der Anleger hat sich deutlich ins Negative gedreht.
Dies spiegelt sich auch im Investitionsverhalten professioneller Anleger wider, die immer stärker vom Bullen- ins Bärenlager gewechselt sind. So ist der „Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionelle Anleger“ in der vierten Oktoberwoche auf -24 Punkte nach unten gerauscht, bevor sich der Index zuletzt wieder auf +18 Punkte erholt hat. Werte über Null zeigen dabei einen bullishen Markt an, Werte unten Null einen bearishen. Dabei kann den Zahlen allerdings nicht entnommen werden, ob der Anstieg tatsächlich neuem politischen Optimismus geschuldet ist, oder lediglich die günstigen Einstiegskurse zu Käufen verlockt haben. Zwar kann die schwache Kursperformance durchaus noch eine ganze Zeit anhalten, das negative Überraschungspotenzial fällt im beschriebenen Umfeld aber deutlich geringer aus, als in euphorischen Marktphasen.
Alles in allem dürften die genannten Risiken und Belastungsfaktoren in den aktuellen Indexständen schon in hohem Maße oder sogar übermäßig stark enthalten sein. Dies gilt insbesondere für die europäischen Märkte. Während das Kurs-Gewinn-Verhältnis beim S&P 500, der im Gegensatz zu den europäischen Indizes im laufenden Jahr leicht im Plus notiert, bei 16,7 (2018e) liegt, fallen die entsprechenden Werte beim Euro Stoxx 50 und erst recht beim Deutschen Aktienindex mit 13,3 bzw. 12,7 (2018e) historisch betrachtet doch relativ moderat aus.
Kühlen Kopf bewahren
Insbesondere Anleger, die aktuell mit einer sehr niedrigen Aktienquote unterwegs sind, könnten deshalb überlegen, die Abschläge bei europäischen Blue Chips sowie die damit einhergegangene Bewertungsreduzierung für erste Neuengagements zu nutzen und die Aktienquote im Portfolio entsprechend der eigenen Risikoneigung auf ein angemessenes Maß anzupassen. Eine sinnvolle Alternative stellt hier sicherlich auch die Wallrich Wolf Prämienstrategie dar, die zusätzlich von der gestiegenen Volatilität profitiert.
Wir selbst werden in der Vermögensverwaltung unsere schon in den vergangenen Wochen und Monaten eingegangene defensive Portfolioausrichtung beibehalten, bis an den Märkten wieder etwas klarere Sicht herrscht. In unseren Fonds nutzen wir die starke Unsicherheit vieler Anleger und die daraus resultierende hohe implizite Volatilität, um antizyklisch vermehrt Put-Optionen zu verkaufen. Dabei wählen wir derzeit Basispreise, die ca. 8% unter dem aktuellen Kursniveau der jeweiligen Underlyings liegen und damit noch einen ansehnlichen Sicherheitspuffer bei weiter fallenden Kursen bieten.
Alles in allem gilt es somit, sich warm anzuziehen und damit eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. Gleichzeitig sollten Anleger aber auch keinesfalls in Panik verfallen, sondern viel mehr einen kühlen Kopf bewahren und sich bietende Möglichkeiten aktiv nutzen.