Wolfgang Packeisen, ADP Investment Management AG

Die amerikanischen Arbeitsmarkt-Daten waren durchweg enttäuschend. Die Börsen werden aber nicht nachhaltig darunter leiden, denn insbesondere der Anstieg der Arbeitslosenrate auf 9,8% übt enormen Druck auf den US-Kongress aus, der Konjunktur wenn möglich noch vor Weihnachten mit neuen Billionen unter die Arme zu greifen (Steuersenkungen, Arbeitslosen-Unterstützung usw). Die Fed will das Tempo der Gelddruckmaschine nicht drosseln und argumentiert: wirklich gefährlich für Amerikas internationale Wettbewerbsfähigkeit sei, dass mittlerweile über 40% der Arbeitlosen länger als 6 Monate ohne Job sind, womit deren Qualifikation verloren geht.

Wirklich prekär wird dadurch die Wachstums-Debatte zwischen Europa und Amerika, wo eine immer größer werdende Lücke klafft (USA  Europa ↑, was den Dollarkurs tangiert). EZB-Präsident Trichet hat in der gestrigen Presse-Konferenz mit erstaunlichem Selbst-Bewusstsein erläutert, dass die Finanzmarkt-Analysten die Situation völlig falsch darstellen. Sein Beispiel: Quartal für Quartal überrascht das Wirtschafts-Wachstum des durch den EURO verbundnen Wirtschafts-Raums Europa sämtliche Experten auf der Oberseite. Das gelte für kaum eine andere Industrie-Nation, wobei der Diplomat Trichet keine Beispiele nennen wollte. Auch beim Defizit sei Europa als Ganzes zu messen, ein Vergleich bei dem Europa im Kreis der Industrie-Nationen über hervorragende Eckdaten verfügt. Diesmal nannte er die USA und Japan direkt beim Namen.

Haushalts-Defizit in % vom GDP 2010 (2011)

EU 6,7 (4,6)

Japan 9,6 (8,9)

Amerika 11,6 (8,9)

Trichet erläutert, dass im Euro-Raum das M (für monetary) der EMU = european monetary union während der letzten 12 Jahre perfekt funktioniert habe (marginale Inflation = extrem hohe Geldwert-Stabilität). Holprig sei das E für Economic Union. Hier sei die Politik in der Pflicht. Trichet betont, dass sich alle EU-Nationen ausnahmslos zur Haushalts-Sanierung verpflichtet haben. Wenn die Politik diese Abmachung halte, werden die Anleger das honorieren, egal wie sehr die Finanzmärkte dagegen spekulieren. Nach der Presse-Konferenz hat Trichet auf explizite Nachfrage erläutert, dass die EZB kein Limit für den Kauf von Staatsanleihen habe. Im Gegenteil, man werde die Politik uneingeschränkt unterstützen, solange die Politik den verabredeten Pakt zur Haushalts-Disziplin erfüllt. Die Politik habe den EU-Stabilitäts-Pakt bislang entgegen der vertraglichen Vereinbarungen nicht respektiert und erhalte dafür jetzt die Quittung. Das Verhalten werde angepasst, was eine enorm schmerzhafte Lektion sei.

Unser Fazit: Bei relativ höherem Wachstum und geringerem Defizit wird der EURO überleben, denn Wechselkurse spiegeln keine absolute Größen, sondern immer nur den relativen Zustand zwischen zwei Volkswirtschaften.

PS: Laut IMF ist ein Schuldenerlass in Europa deshalb sinnlos, unnötig, unerwünscht sowie unwahrscheinlich, weil das Problem nicht in der Zinslast steckt, sondern in den geringen Steuereinnahmen (Anteil der Steuereinnahmen am GDP ist in von früher 30% auf heute unter 15% gefallen – zu Gunsten höherer Gewinne der Privatwirtschaft!!) Ein Schuldenerlass würde an der Notwendigkeit zur Fiskal-Reform also absolut überhaupt nichts ändern.

 

 

 

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