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- 08. Dezember 2010
Da die Verlängerung der Bush-Tax-Cuts spätestens seit den Kongresswahlen im November eigentlich klar wie Kloßbrühe war (in den Börsenkursen enthalten), sorgt der gestrige Anstieg der US-Zinsen für erhebliche Aufregung unter Börsianern. Konkret ist die 10-jährige Rendite gewaltig und das trotz QE-2, Androhung von QE-3 sowie hunds-miserabler Arbeitsmarktdaten am letzten Freitag (siehe Grafik).
Botschaft: Die Börse hegt mächtige Zweifel am Szenario der Konjunkturschwäche, was vor dem Hintergrund der ausgesprochen pessimistischen Konjunktur-Töne aus der Fed einen geradezu sensationellen Stimmungswandel darstellt (Original-Ton Bernanke: Hohe US-Arbeitslosigkeit trifft insbesondere die „weniger Gebildeten“ so hart, dass der Zusammenhalt der Gesellschaft in einem nicht mehr akzeptablen Umfang gefährdet sei).
Spätestens hier wird klar, warum das Steuer-Paket eine winzige Mini-Sensation enthält, mit der kein Mensch gerechnet hat: Obama hat einen “Tax-Holiday” verfügt (temporäre Teil-Aussetzung der Sozial-Versicherungs-Beiträge). Der Effekt ist enorm: GoldmanSachs rechnet mit fast $ 200 Mrd allein aus dieser Ecke und DB-Research kalkuliert mit fast 1% extra GDP für 2011 über die bisher kalkulierte Wirkung der Bush-Tax-Cut Verlängerung hinaus (deutlich mehr als 4% Real-Wachstum, falls der Steuer-Kompromiss genau so verabschiedet wird).
Mit Bezug auf die Zinslandschaft (man spricht bereits von einem Mini-Schock am Bondmarkt) wendet sich die Aufmerksamkeit der Börse also plötzlich der Tatsache zu, dass Amerika weitere Unsummen an Geld ausgibt, die es eigentlich gar nicht hat (Deficit-Spending).
Anders formuliert: Wirtschaft-Ankurbeln hat “Hochkonjunktur“ und Sparen ist “altmodisch”. Die verzückten US-Medien interpretieren diese völlige Ignoranz der Schuldenberge als radikalen Kurswechsel der Obama-Wirtschaftspolitik in Richtung “supply-side-economics” (Staat hält sich zurück und überlässt der Privatwirtschaft über Steuersenkungen die Aufgabe, den Karren aus dem Dreck zu ziehen).
Wahrlich faszinierend ist die Tatsache, dass Europa einen gänzlich anderen Kurs einschlägt (krampfhaft versucht, sich je nach Sichtweise entweder “gesund oder kaputt” zu sparen), was den Dollar aber nicht daran hindert, zu steigen.
Unser Fazit:
1. Der Versuch, die Steuern zu senken und das Rekord-Defizit auszuweiten ist entweder das Werk eines Genies (kurbelt das Wachstum an), oder ein letzter Schritt der Verzweiflung auf dem Weg in den totalen Ruin (vielleicht sogar beides?)
2. Die Börse reagiert ausgesprochen irritiert auf das Angebot von mehr Wachstum bei gleichzeitig steigenden Schulden. Am Ende des Tages blieb es beim Anstieg der Zinsen (hohe Aktienkursgewinne gingen im Verlauf verloren) und das war zur Abwechslung vermutlich mal eine logisch-konsequente Reaktion (man begnügt sich besser damit, das Börsen-Geschehen zu beschreiben statt es zu prognostizieren).
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