Wolfgang Packeisen, ADP Investment Management AG

Aus Sicht der Börse ist das Japan-Kapitel zwar ein höchst schlagzeilenträchtiges, für die Kurse aber wenig „relevantes“ Medien-Spektakel. Augenscheinlich war der Mini-Börsen-Crash übertrieben, denn die Kurse nähern sich im Eiltempo dem Niveau vor dem Erdbeben (Nikkei heute +5%).

Das zentrale Thema ist nicht die radioaktive Strahlung, sondern die Unterbrechung der Stromversorgung, was die Hilfsarbeiten so stark beeinträchtig wie die gesamt-wirtschaftliche Produktionskette. Circa 15% der Stromproduktion sind lahmgelegt. Obwohl Japan aufgrund der fußkranken Konjunktur theoretisch über genügend Reserve-Kapazität verfügt, kommt es genau dort zu Engpässen und Störungen, wo die Schlüssel-Produktionen stehen (mit Folgen für den Export / die Teilversorgung von Herstellern im Ausland). Während der Gesamt-Schaden mittlerweile auf mehr als $250 Mrd geschätzt wird, spekuliert die Börse bereits auf den positiven Wachstumsschub als Folge des Wiederaufbaus.

Jenseits von Japan, Libyen, Bahrain, Yemen, Saudi-Arabien, Ölpreis, Zinsangst (China hat die Mindest-Reserven erneut angehoben) tobt eine grandiose Übernahme-Schlacht. Nach der $25 Mrd schweren Genzyme-Übernahme hat Warren Buffet jetzt Lubrizol für $10 Mrd übernommen und ATT sogar für fast $40 Mrd T-Mobile geschluckt, während Deutsche Börse und Nasdaq sich wie die Kesselflicker um das Übernahme-Opfer NYSE prügeln.

Es scheint so, als gäbe es weder Risiken noch Gefahren. Und falls doch etwas anbrennt, so wird das sofort mit vereinten Kräften aus dem Weg geräumt (siehe Libyen-Einsatz und ESM-Stabilisierungs-Abkommen). Genau das muss sich auch die US-Fed gedacht haben, als sie die Märkte gestern völlig überraschend mit dem Beschluss konfrontiert hat, die während der Finanzkrise sukzessive aufgekauften Hypotheken-Anleihen (Mortgage Bonds) ab sofort zurück an den freien Markt zu verkaufen. Die Börse hat selbst diese Botschaft mit einem müden Schulterzucken weggesteckt. Scheinbar reicht es aus, dass die Fed überzeugt ist, dass der Markt die Belastung aus einer Reduzierung der Position verkraften kann.

Der EURUSD Kurs hat fast unbemerkt das Niveau bei 1,4250 erreicht, obwohl die G7-Zentralbanken Dollars (gegen YEN) gekauft haben, während Indonesien, Malaysia, Thailand, Brasilien u.v.a.m. heute morgen ebenfalls Dollars gegen die eigenen Heimatwährungen kaufen. Man fragt sich, wer der heimliche Abgeber beim Dollar ist. Insgesamt beschreiben Händler die Umsätze am Devisenmarkt allerdings als sehr dünn und das gelte analog für die Positionen. Das spricht für eine unspektakuläre Dollar-Bewegung, denn das spekulative Kapital tummelt sich derzeit ausschließlich am Aktienmarkt.

 

 

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