Wolfgang Packeisen, ADP Investment Management AG

Der Dax hat gestern fast 6% an Wert verloren (5.204 Punkte), was im Vergleich zu anderen Börsen erneut der mit Abstand größte Rückgang war. Nebenbei bemerkt: die deutsche Chemie-Industrie fährt mit 86,4% Kapazitäts-Auslastung aktuell an der Obergrenze des Möglichen und die Auto-Industrie hat im August 18% Neu-Aufträge eingefahren (selbst der ewige Verlierer Opel hatte den besten August seit 2007!!!). Die Tatsache, dass der Dax vor diesem Hintergrund mit -20,14% seit Jahresanfang mittlerweile fast das zehnfache der Verluste im Dow-Jones mit -2,91% akkumuliert hat, grenzt an ausgesprochenen Hohn. Schlimmer noch: die Anleger parken das Geld im Festgeld-Konto zu 0,5% oder in Staatsanleihen zu 1,85%, obwohl das bei einer Inflationsrate nahe 3% den Wertverlust faktisch zementiert. Apropos Wertverlust: mit diesem als „Finanz-Repression“ bekannten Trick werden die Schulden automatisch getilgt (Inflation langfristig über Zins). Frage: Wie geht die Politik mit der aktuellen Situation um?

• Donnerschlag: Die Schweiz hat heute den Franken an den Euro gekoppelt (1,2000);

• Die CDU/CSU/FDP-Koalition brachte es gestern bei einer Probeabstimmung über den Euro auf 12 respektive 2 Gegenstimmen bei 7 respektive 4 Enthaltungen (total 25), wobei die Kanzler-Mehrheit nur 19 Stimmen beträgt. Technisch würde solch ein Ausgang Neu-Wahlen bedeuten!

• Die SPD hat gestern als Regierungs-Programm verabschiedet, den Spitzen-Steuersatz auf 49% und die Abgeltungssteuer auf 30% anzuheben sowie Erbschafts- plus Reichensteuer einzusetzen, um die Schulden zu bezahlen!

• In Amerika wird Präsident Obama am Donnerstag neue Konjunktur-Programme auflegen, was die Fed Ende September wohl mit noch mehr „unkonventioneller Geldpolitik“ flankieren dürfte (QE 3 oder Operation Twist).

• Am Freitag/Samstag tagen die G7-Finanz-Minister und man hört bereits Gerüchte, dass auch dieser Kreis neue Konjunktur-Programme beschließen wird. Die EZB kauft weiter Anleihen am freien Markt. Der Basel III Ausschuss berät angeblich, die neuen Kapital-Anforderungen für Banken vorübergehend auszusetzen.

• UBS-Research hat errechnet, dass der Ausstieg aus dem Euro ein schwaches Land mindesten 40-50% vom Brutto-Sozial-Produkt kosten würde, während die Kosten für starke Länder wie Deutschland bei 20-25% vom GDP liegen. Anders formuliert: die Kosten für eine Zerschlagung würden die Kosten einer Schulden-Übernahme dramatisch übersteigen. Schlimmer noch: der politische Vertrauensverlust wäre unkalkulierbar. In der Neuzeit wurde noch nie eine Währungs-Union aufgelöst, ohne dass es in der Folge zu autoritären Regimes, Militär-Diktaturen oder zum Bürgerkrieg kam.

Unser Fazit: Variante 1: Selbst-Heilungskräfte:

Die Welt-Politik wird vermutlich keinen Gebrauch von der theoretischen Option machen, die Finanz-Märkte sich selber zu überlassen, bis die Exzesse der Vergangenheit ausgetobt sind (manche Volkswirte fordern die Selbstheilung per Chaos-Theorie, was allerdings schwere humanitäre Folgen im Sinne von Massen-Arbeitslosigkeit hätte);

Variante 2: Staatliche Intervention – Dirigismus:

Die globale Führung (Politiker, Zentralbanker, akademische Chef-Volkswirte, Konzern-Vorstände) reagiert Schritt für Schritt auf die aktuelle Situation. Der Finanz-Sektor (Krisen-Auslöser) hat kapituliert (keine Antwort auf die Frage warum Banken sich untereinander kein Geld leihen?). Die Banker haben das Kommando über die Stätte der Verwüstung den Politikern überlassen. Die räumen die Finanz-Hindernisse wie Bollersteine aus dem Weg und montieren in mühsamer Salami-Taktik eine Leitplanke nach der anderen. Anders formuliert: es gibt keine Alternative mehr zur vollständigen „Monetarisierung“ aller Schulden.

 

 

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